Ein Brief von 1874 nach Australien, frankiert u.a. mit 18 Kreuzer Großer Brustschild

Haben Sie eine Vorstellung davon, welchen Zuschlag dieser Brief

auf einer diesjährigen Auktion erzielte ?

 

Der Brief als postgeschichtlicher Beleg

Die Briefmarke sagt (meistens) etwas über das ausgebende Land und seine Post, die gestempelte Marke auch (meistens) etwas über eine erbrachte Dienstleistung aus. Der Brief als Ganzes sagt noch mehr. Aber nicht jeder beliebige Brief kann postgeschichtliche Gegebenheiten dokumentieren; doch es lohnt sich, auch den Ganzbrief aus der Eingangspost zunächst einmal genauer zu betrachten und erst dann zu entscheiden, ob er reif für den Papierkorb ist oder zumindest die Frankatur für Sammelzwecke noch ausgeschnitten und abgeweicht werden sollte.

 

Dokumentierte Besonderheiten der Briefbeförderung oder seltene Frankaturen sind es, die einen Ganzbrief ( oder eine Postkarte) zu einem ganz besonderen Sammelstück werden lassen. Und solche Stücke werden heute gesucht. Da gibt es aus der Vergangenheit und zum Teil heute noch zuschlagpflichtige Versendungsarten mit zusätzlichen Portobedarf, deren Gesamtporto mit einer einzigen Briefmarke portogerecht frankiert werden konnte. Solche Briefe oder - hier nur als Beispiel genannt - Briefe aus der Zeit des Postkrieges DDR / Bundesrepublik sollten niemals zerstückelt werden; es wäre schade drum.

Ein Brief kann viel erzählen. Manchmal ist es der Inhalt, der für den Empfänger von Bedeutung ist, manchmal ist es aber auch der Briefumschlag, der dann beim Philatelisten Freude auslöst und seinen Sammeleifer beflügelt. Ein Briefumschlag (wie auch eine Postkarte) kann auf postgeschichtliche Besonderheiten, die meist politisch motiviert oder gar oktruiert waren, hinweisen. Es lohnt sich also, solche Sammelstücke mit Sorgfalt zu behandeln, um die postalischen Gegebenheiten zu dokumentieren und für nachfolgende Sammlergenerationen zu bewahren.

 

Natürlich lohnt es sich dabei auch ein Blick auf den möglichen Wiederverkaufswert solcher Sammlerstücke. Er ist abhängig von den künftigen Sammelgewohnheiten. Es zeichnet sich aber schon seit einiger Zeit ab, dass Sammler sich Spezialgebieten der Philatelie zuwenden und Länder- und Motiv-Sammlungen aufgeben oder beenden wegen der immensen Flut von Neuausgaben. Da scheint das Sammeln von postgeschichtlichen Belegen Zukunft zu haben.

Wenn in diesem Zusammenhang hier bislang nur von Briefen und Postkarten geschrieben wurde, so liegt es einfach daran, dass solche Objekte leichter aufzufinden sind als beispielweise Drucksachen, Paketkarten und andere postamtliche freimachungs- und nicht freimachungspflichtige Belegstücke. Aber auch sie gehören zu den sammelwürdigen postgeschichtlichen Belegen, die nicht übersehen werden sollten.

 

Ein Wort noch zu den Frankaturen : In der Regel höher bewertet werden Mehrfachfrankaturen, es folgen Einzelfrankaturen; unterschiedlich bewertet werden Mischfrankaturen abhängig von der darin erhaltenen teuersten Marke; wenig Interesse finden sog. Satzfrankaturen, weil diese von Philatelisten als "Mache" und nicht bedarfsgerecht angesehen werden, aber als "Schau"stücke sind sie dennoch interessant, vor allem, wenn sie einen anlassbezogenen Poststempel aufweisen.

 

Brief vom 12.11.1985, von der Post der DDR nicht zugestellt und retourniert wegen Beanstandung der verwendeten Briefmarke der Deutschen Bundespost. Der damalige Katalog-Wert : DM 40,-

 

Es empfiehlt sich ein Blick in den MICHEL-Briefe-Katalog. Auch eine Kontrolle der bedarfsgerechten Frankatur ist sinnvoll, denn überfrankierte Belege, oft unter Briefen mit entgeltpflichtigen Zusatzleistungen ( Einschreiben, Eilboten, Luftpost, Nachnahme, Wertsendung) zu finden, reduzieren deren Wert. Es hat in der Vergangenheit viel Mühe gemacht, das jeweils zu einem bestimmten Datum geltende Porto für die unterschiedlichen Versendungsarten festzustellen. Dankenswerterweise hat der Schwaneberger Verlag jetzt anhand aller verfügbaren amtlichen Quellen eine Zusammenstellung der Portotabellen Altdeutschlands und deutscher Gebiete bis zu den heutigen Entgeltsätzen der Deutschen Post erarbeitet. Diese Zusammenstellung ist seit dem 23. Mai als MICHEL-Postgebühren-Handbuch Deutschland im Handel erhältlich.

 

Zum Abschluss noch ein Hinweis zu Mischfrankaturen : Solche Frankaturen können aus verschiedenen Marken eines Satzes, aus beliebig ausgewählten Marken eines Landes oder einer Postverwaltung oder auch aus Marken zweier Länder oder Postverwaltungen stammen. Letzteres ist immer politisch bedingt und war zeitlich begrenzt z.B. in Danzig (Deutsches Reich und Freie Stadt Danzig), in Österreich nach Eingliederung in das Deutsche Reich (Österreich und Deutsches Reich) sowie nach dem 2. Weltkrieg innerhalb der verschiedenen Besatzungszonen möglich.

 

Aus neuerer Zeit kennen wir Mischfrankaturen aus dem innerdeutschen Verkehr. Die seit dem 2. Juli 1990 von der Deutschen Post ( DDR ) ausgegebenen Marken waren bis zum 31. Dezember 1991 auch in der Bundesrepublik Deutschland und in West-Berlin gültig, wie deren Marken umgekehrt auch im Bereich der DDR Gültigkeit besaßen.

 

R-Brief vom 27. August 1990 von Grabow / Mecklenburg nach Hamburg, der trotz Teilfrankatur mit bereits 1974 verausgabten DDR-Marken unbeanstandet befördert und zugestellt wurde. Eine Katalogbewertung hierfür existiert noch nicht.

 

Eine neue Art von Mischfrankaturen ist ab dem 1. Januar 2002 zu erwarten, wenn die nur noch auf Euro lautenden Marken in den Ländern der EU ausgegeben werden und die jetzt kursierenden Marken während einer Übergangsfrist neben den Euro-Marken zur Frankatur verwendet werden dürfen. In Deutschland können dann Marken mit den Wertangaben in Pfennig, in Pfennig und Euro und nur in Euro verwendet werden. Ihre Dokumentation kann eine philatelistisch und postgeschichtlich reizvolle Aufgabe sein.

 

Konnten Sie die Frage im Vorspann zu diesem Artikel richtig beantworten ?

 

Der abgebildete Brief erzielte damals den Zuschlag bei DM 45.000,-

und das bei einem damaligen Katalog-Preis von DM 25.020,- !!!