“Truganini“ – völkerkundliche Motivmarke zu einer überaus düsteren Epoche Australiens
Bernd Wegener
Bedingt durch mein Interesse für die Kulturenvielfalt sammle ich seit Jahrzehnten Motivbriefmarken zum Thema „Völker unserer Erde“. Dabei ist festzustellen, dass etliche Staaten ihre ethische Vielfalt ignorieren (mit Konsequenzen für deren Briefmarken). Um in den Besitz der „Truganini“-Marke zu gelangen, hatte ich während der DDR-Zeit Jahre gebraucht, bis ich sie in einer „Rundsendung“ entdeckte. Für mich damals ein echter Glücksfall!

Land: Australien; Wertstufe: 10 Cent
Briefmarkennummer: AU623a (Mi AU590a)
Serie: Famous Australiens (7th Series)
(dt.: Berühmte Australier (7. Serie))
Beschreibung: Incorrectly thought to be the last surviving Tasmanian Aboriginal
(dt.: Fälschlicherweise wird sie für die letzte Überlebende der Ureinwohner Tasmaniens gehalten).
Tasmanien – Insel am Ende der Welt
Mir ist nicht bekannt, welche Namen die Urvölker ihrer Insel gegeben hatten, bevor die britische Invasion sie ihnen gewaltsam entriss und ihre Ethnien auslöschte. Mit ihrer brutalen Vernichtung entschwanden diese Menschen in der Traurigkeit der Geschichte ihrer Insel, die mit dem Tag der europäischen Entdeckung durch Abel Tasman als Van-Diemens-Land bekannt wurde (1642) und ihm zu Ehren seit 1853 Tasmanien heißt.
Zur Historie „Truganini“
Diese Frau steht symbolhaft für die Ausrottung der Urbevölkerung auf der Insel Tasmanien. Sie ist zwar nicht die Letzte, da sie von Fanny Cochrane Smith (* 1834, † 1905) überlebt wurde. Fanny wurde jedoch in der Gefangenschaft auf Flinders Island geboren, wohin man ab 1831 die letzten 300 noch lebenden Eingeborenen (von einst ca. 5.000) deportierte. Truganini (* um 1812, † 1876) stammt von Bruny Island, gelegen vor der Südostküste der Hauptinsel. Sie half George A. Robinson bei der Kontaktierung der letzten freien Gruppen, die dem vom Gouverneur verhängten „Standrecht zur Ermordung der Eingeborenen“ (1826, 1828) entgangen waren. Nach ihrem Tod wurde Truganinis Leiche exhumiert. Ihr Skelett wurde im Tasmanian Museum ausgestellt (1903-1907). Erst 100 Jahre nach ihrem Tod fand gemäß ihrem Wunsch die Einäscherung statt. Ihre Asche wurde im D`Entrecasteaux-Kanal vor Bruny Island verstreut. Sie war somit zurückgekehrt, dorthin wo sie einst frei war…
Die Spuren menschlicher Besiedlung Tasmaniens reichen 35.000 Jahre zurück. Mit dem Anstieg des Meeresspiegels vor 8.000 Jahren wurden diese in lokalen Gruppen lebenden Ureinwohner zu „Isolierten“ und büßten Wissen (Fischen, Werkzeuge, Kleidung) ein. Von nun an gab es keinen Kontakt mehr zur Außenwelt, zu den Aboriginal auf dem australischen Kontinent.
Für die Ausrottung (Genozid) der tasmanischen Urbevölkerung brauchte die britische Kolonialpolitik knapp 100 Jahre. Diese Epoche begann mit der Etablierung der britischen Strafkolonie im Jahr 1804. Forciert wurde sie mit der Freigabe zur kolonialen Besiedlung von 1817, die in der ungezügelten Mordgewalt des inoffiziellen „Black War“ (1825-30) und der quer über die Insel errichteten Postenkette „Black Line“ (1830) mündete.
Zivilisation schäme Dich!
Die von Archäologen gefundenen Artefakte sowie von Anthropologen und Ethnologen verfassten Aufzeichnungen und Bücher bis hin zu Dokumentar- und Spielfilmen über die Ausrottung der tasmanischen Aboriginal sowie Schausammlungen in völkerkundlichen Museen sind das Einzige und das Letzte, was von diesem Urvolk kündet ...