Kartenbrief aus dem Jahre 1897

Laut einer Pressemitteilung werden in Hamburg 42 Postämter geschlossen, um einerseits den Kundenservice zu verbessern, andererseits der geringeren Nachfrage nach Postdienstleistungen Rechnung zu tragen.
Nein, es handelt sich nicht um eine aktuelle Pressemitteilung, sondern eine vom 4. August 1993. In dieser Pressemitteilung wurden die Postfilialen in Hamburg von 157 auf 115 reduziert. Neben den genannten Zielen wurde zugesichert, dass innerhalb von 2000 Metern immer eine Postfiliale erreichbar sein sollte.
Unter anderem wurde im Königskinderweg 111, in der Ost-West-Strasse 25 sowie am „Neuer Pferdemarkt 35“ die entsprechende Postfiliale geschlossen.
Soviel hat Herr Klaus-Dieter Rosenberg aus Schwerin herausgefunden, der Archivar des VPS 1894, zur Bedeutung der Abkürzung später mehr. Auch Wilhelm Lehnchen aus Hamburg konnte einiges in Erfahrung bringen.

Der Austausch von Nachrichten ist seit Menschengedenken nicht wegzudenken. Im 19. / 20. Jahrhundert erfolgte dieser in der Regel mit der Post, heute eher mit dem Smartphone, z.B. per WhatsApp. Die „normale“ Post – auch als Snailmail abwertend bezeichnet - ist langsam. Ein Brief innerhalb von Hamburg benötigt in der Regel 24 Stunden, teilweise mehr, aber war dies immer so?

Ein Gegenbeispiel kann Herr Rosenberg vorzeigen, ein Kartenbrief vom 9. Dezember 1897, das sich im Jahr 2022 zum 125. Mal jährte.

Abgestempelt wurde die Sendung am 9. Dezember
zwischen 8-9 N vom Postamt 5 in Hamburg.

 

Hierbei schreibt Eduard Hellwig seiner Freundin oder Verlobten, Emma Lossau, einige Zeilen. Eduard Hellwig war im Stadtteil St. Georg, ohne die genaue Anschrift zu kennen, Emma Lossau wohnte damals im Kleinen Burstah 4, im Stadtteil Hamburg-Altstadt. Beide Stadtteile gehören heute zum Bezirk Hamburg-Mitte.
Zu lesen ist unter anderem, dass Eduards Bruder und Schwägerin sich am kommenden Sonntag (12. Dezember 1897) mit Eduard und Emma treffen, um eine Einladung zum 2. Neujahrstag auszusprechen.
Interessant ist der Ausgangs- und Eingangsstempel. Früher wurde der Eingang beim Postamt vor Ort (das die Zustellung beim Empfänger in die Wege geleitet hat) mit einem Stempel dokumentiert, heute wird darauf verzichtet, so Klaus-Dieter Rosenberg.
Durch diese beiden Stempel, wissen wir den Zeitpunkt, an dem der Kartenbrief aus dem Jahre 1897 abgeholt, bzw. lokalen Postamt eingegangen ist.
Abgestempelt wurde die Sendung am 9. Dezember zwischen 8-9 N, also zwischen 20:00 und 21:00 Uhr vom Postamt 5 in Hamburg. Dieses Postamt war nach Wilhelm Lehnchen, Briefmarkensammler aus Hamburg, in der Zeit von 1871 bis 1912 in der Brennerstraße 11 (St. Georg) zu finden. Heute existiert es weiter, jedoch unter einer anderen Anschrift. Der Posteingangstempel ist vom 10. Dezember zwischen 5-6 V, also zwischen 5:00 und 6:00 Uhr früh vom Postamt 11 in Hamburg, dieses war bis 1901 im Mönkedamm 11 zu finden, heute existiert dieses Postamt nicht mehr, ergänzt Wilhelm Lehnchen.
Gleich am Anfang des Kartenbriefes steht, dass Eduard so früh wie möglich zu Emma kommen möchte. Ob er es noch vor der Briefsendung geschafft hat? Da am Ende des Briefes erwähnt wird, dass Eduards Eltern zum Dom sind, war ein Treffen sicherlich ohne Hindernisse möglich. Wann Eduard Hellwig genau Emma getroffen hat, lässt sich heute nicht mehr rekonstruieren.
An den Uhrzeiten der Stempel ist zu erkennen, dass die Briefkästen nicht nur einmal am Tage geleert bzw. befüllt wurden, resümiert der Archivar des VPS 1894.

Der Posteingangstempel ist vom 10. Dezember
zwischen 5-6 V vom Postamt 11 in Hamburg

 

Ende des 19. / Anfang des 20. Jahrhunderts wurden in größeren Städten die Postkästen bis zu 11 Mal am Tage geleert. So war es auch möglich, vormittags eine Postkarte zu schreiben, um sich für den Abend zu verabreden. Natürlich funktionierte dies nur innerhalb von größeren Städten. Unter der Berücksichtigung der damaligen technischen Möglichkeiten war es schon bemerkenswert.
WhatsApp ist eine Erfindung des 21. Jahrhunderts, aber nur eine neue technische Lösung für einen schnellen Austausch von Nachrichten, auch wenn die bereits genannte Einschränkung zu beachten war.

Was ist vor 125 Jahren in Hamburg unter anderem passiert?

Vom 24. bis zum 27. Juli 1897 fand in Hamburg der IX. Deutsche Philatelistentag statt. Aus Hamburg nahm unter anderem der Verein „Deutscher Tausch- und Kaufverband für Postwerthzeichensammler Hamburg“ teil.
Die Festkarten kosteten damals 12,00 Mark für Herren und 8,00 Mark für Damen. Empfohlen wurden auch einige Hotels, wie z.B. das Hotel „Zum Großherzog von Mecklenburg“. Ein Zimmer in diesem Hotel kostete damals inklusive Kaffee zwischen 3 und 5 Mark.
Während der drei Tage fand unter anderem eine Sitzung der Delegierten des Bundes Deutscher und Österreichischer Philatelistenvereine statt. Mehrere Vorträge wurden gehalten, unter anderem „Über die Postwerthzeichen der Vereinigten Staaten von Columbien (1863–1886)“ oder „Die Postwerthzeichen Hamburgs“.
Eine Dampferfahrt bis Schulau sowie ein Commers (Herrenabend) rundeten das Programm ab.

Der bereits vorher genannte Verein „Deutscher Tausch- und Kaufverband für Postwerthzeichensammler Hamburg“ führte am 4. September 1897 eine Mitgliederversammlung durch.
Während der Versammlung trat Herr Plog als Cassierer der Börsen- und Auctionsabende zurück. Neugewählt wurde Herr Burmester. Es sollte geprüft werden, inwieweit Herr Plog das Amt des Bibliothekars wahrnehmen könnte. Anschließend fand ein lebhafter Tausch statt. Informationen aus der Zeit vor 1945 sind im Vereinsarchiv nur spärlich vorhanden. 1945 wurde das Vereins-archiv von der Britischen Besatzungsmacht beschlag-nahmt, so dass Informationen durch mündliche „Rekonstruktion“ oder durch andere Quellen zusammengetragen werden mussten, so Herr Rosenberg. Es war schon interessant alte Zeitschriften und Bücher in der Philatelistischen Bibliothek Hamburg (Basedowstraße 12, 20537 Hamburg) durchzusehen und diese Zeit wieder lebendig zu machen, ergänzt der Archivar des VPS 1894.
Den Verein gibt es heute immer noch. Neben einer langen Geschichte und entsprechenden Änderungen, hat sich mittlerweile der Name geändert. Verein für Postwertzeichensammler von 1894 Metropolregion Hamburg e.V., kurz VPS 1894, wie am Anfang des Artikels erwähnt.

Neben dem VPS 1894 existieren heute noch andere Firmen bzw. Einrichtungen aus dem Jahre 1897, nur um einige Beispiele zu nennen:

- Das Hamburger Rathaus, der Bau wurde im Jahr 1897 abgeschlossen (Beginn im Jahre 1886)

- Der Männergesangvereins Quartett Mozart wurde in Hamburg im Jahr 1897 gegründet.

- Der Vorläufer der „Wohnungsgenossenschaft Hamburg-Wandsbek von 1897 eG“ wurde am 1. Oktober 1897 gegründet.

 

Zurzeit recherchiert Herr Rosenberg über einen Brief aus dem Jahre 1862, vielleicht lässt sich über diesen zeitnah ausführlicher berichten.